hinschauen – helfen – handeln
Eine Initiative der evangelischen Landeskirchen und der Diakonie gegen sexualisierte Gewalt

Für Interessierte

Zwei junge Frauen und ein junger Mann stehen im Kreis und schauen nach oben.

Strukturen der evangelischen Kirche und der Diakonie

Die Evangelische Kirche in Deutschland ist die Gemeinschaft der 20 selbständigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, den Landeskirchen. In den Landeskirchen finden sich fast 14.000 Kirchengemeinden, in denen das kirchliche Leben stattfindet. Viele Kirchtürme ragen in den Kirchengemeinden auf, in denen Pfarrer und Pfarrerinnen die frohe Botschaft verkündigen.

Eines der Organe der EKD ist die Kirchenkonferenz, die aus den 20 Landeskirchen gebildet wird. Stimmberechtigte Vertreter und Vertreterinnen fassen darin gemeinsam Beschlüsse zu Themen und Aufgaben, die für alle Landeskirchen wichtig sind. Bindend sind die Beschlüsse der Kirchenkonferenz für die Landeskirchen zwar nicht, aber sie sind meinungs- und richtungsprägend und helfen, eine gemeinsame Arbeit zu etablieren.

Die Landeskirchen sind sich einig, dass sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen nicht zu tolerieren ist. Leider kommt Missbrauch auch unter kirchlichen Mitarbeitenden vor. Um Kinder und Jugendliche vor einer Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung zu schützen, hat die Kirchenkonferenz übereinstimmend dafür gestimmt, die ehren- und hauptamtlichen Beschäftigten im kirchlichen Bereich zu schulen. Alle sollen helfen, Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Gut informierte Erwachsene sind dafür eine der besten Voraussetzungen. Mit dieser Aufgabe nimmt die Kirche einen ihrer wichtigsten Schwerpunkte wahr, nämlich die Schwachen zu schützen, ihnen zu helfen und das Vertrauen, das ihr von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern sowie anderen Verantwortlichen geschenkt wird, zu wahren und zu rechtfertigen.

Eine Liste der Landeskirchen finden Sie hier. Die Landeskirchen halten auf ihren Seiten interessante Informationen zum kirchlichen Leben für Sie bereit.

Die Diakonie ist ein Teil der evangelischen Kirche. Sie versteht sich als der tätige Teil bei der Erfüllung des christlichen Auftrags, der gelebten Nächstenliebe. Unter dem Dach der Diakonie vereinigen sich viele Einrichtungen, die im Bereich der sozialen Arbeit aktiv sind. Dem Dachverband Diakonie Deutschland gehören 17 Landesverbände an, deren Zuständigkeitsbereich zumeist mit dem der jeweiligen Landeskirche identisch ist. Thematisch gliedert sich die Diakonie in 69 Fachverbände, in denen die jeweiligen diakonischen Aufgabenfelder ihren Schwerpunkt haben. Die Gesamtheit aller diakonischen Einrichtungen ist ein großer Arbeitgeber in Deutschland mit rund 525.700 Beschäftigten.

Die in der Diakonischen Konferenz zusammengeschlossenen diakonischen Einrichtungen verurteilen sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen scharf. Sie haben ihre Mitgliedeinrichtungen darin bestärkt, die Risiken des Missbrauchs durch Schulungsmaßnahmen der Beschäftigten zu mindern.

Die Landesverbände der Diakonie stellen sich Ihnen hier vor.


Überblick über die Präventionsarbeit

Die kirchlich-diakonische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist im hohen Maße Beziehungsarbeit und hat von ihrem Selbstverständnis her den Anspruch, Kindern und Jugendlichen einen sicheren und geschützten Raum zur Entfaltung zu bieten. In besonders scharfem Gegensatz zu diesem Anliegen steht es, wenn Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene sexualisierte Gewalt erfahren. Sexualisierte Gewalt kann jedoch überall vorkommen – auch in kirchlichen und diakonischen Diensten und Einrichtungen.

Die Bundesregierung hat dazu in den Jahren 2010/2011 einen Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ und das Amt einer oder eines Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs eingerichtet. Kirche und Diakonie verpflichten sich mit den Vereinbarungen zur Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“ zur Übernahme der dort getroffenen Absprachen. Auch mit ihrer aktiven Beteiligung am Runden Tisch "Heimerziehung“ haben Kirche und Diakonie deutlich gemacht, dass Verdrängen und Verschweigen von Übergriffen nicht zugelassen werden und Betroffene solidarische Unterstützung erhalten.

Kirche und Diakonie sehen sich in besonderer Weise verpflichtet, in ihren Einrichtungen und Diensten in diakonischer Trägerschaft anvertraute Kindern und Jugendliche wirkungsvoll vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Leitungskräfte kirchlicher und diakonischer Einrichtungen haben die Aufgabe, in ihrem Zuständigkeitsbereich durch Präventionsmaßnahmen sexualisierte Gewalt zu verhindern. Allen Mitarbeitenden obliegt es, achtsam zu sein und gegen Taten einzuschreiten. Zu einer wirkungsvollen Prävention gehören die Förderung von Sensibilität und Aufmerksamkeit gegenüber sexualisierter Gewalt, aber auch konkrete Leitlinien, anhand derer Einrichtungen und Träger passgenaue Konzepte entwickeln können.

Titelbild der Broschüre Auf Grenzen achten - Sicheren Ort geben

In einer Arbeitshilfe „Auf Grenzen achten – Sicheren Ort geben“ findet sich ein Überblick über die grundlegenden Mindeststandards zur Prävention von sexualisierter Gewalt in Kirchengemeinden und in diakonischen Einrichtungen. Sie ist in enger Zusammenarbeit zwischen der EKD und dem Diakonie Bundesverband entstanden und ist als Anregung und Maßstab für die Schaffung einer „Kultur der Achtsamkeit“ gedacht.


Bestellung von Exemplaren in kleiner Stückzahl beim Kirchenamt der EKD per E-Mail: praevention@ekd.de

Informationen und Hilfen für Betroffene

Unabhängige Kommissionen – Anerkennung erlittenen Leids

Betroffene, die als Kind oder Jugendliche sexuell missbraucht wurden, können manchmal erst nach vielen Jahren über die Geschehnisse sprechen. EKD-weit gibt es in allen Landeskirchen Unabhängige Kommissionen, die den Betroffenen Hilfeleistungen zuerkennen können. Dies kann auch dann erfolgen, wenn die Geschehnisse strafrechtlich bereits verjährt sind und deshalb eine Strafverfolgung nicht mehr möglich ist. Die kirchlichen und diakonischen Einrichtungen möchten sich aber trotz der Verjährungsfristen einer Arbeitgeberverantwortung oder eines Organisationsverschuldens nicht entziehen. Um im individuellen Fall eine angemessene und sachgerechte Hilfeleistung zu bestimmen, sind Kommissionen gebildet worden, die in ihrer Entscheidungsfindung von den Kirchenleitungen unabhängig sind. Bei Auskünften zum Verfahren in den genannten Landeskirchen helfen Ihnen die dortigen Ansprechpersonen in einem vertraulichen Rahmen gerne weiter.


Zeuge sein im kirchlichen Disziplinarverfahren

Uns liegt die Hilfe der Menschen am Herzen, die von sexuellem Missbrauch betroffen sind. Sofern der Missbrauch von Beschäftigten in Kirche oder Diakonie ausgeht, bemühen wir uns, den Namen des Täters oder der Täterin in Erfahrung zu bringen. Dies geschieht aber nur im Einvernehmen mit der betroffenen Person, denn wir wollen das erlittene Leid nicht verschlimmern, sondern lindern. Es ist uns aber auch wichtig, unter unseren Beschäftigten niemanden wissentlich zu dulden, der oder die sexuell übergriffig geworden ist. Erfahren wir den Namen des Täters oder der Täterin, so kann es in einigen Fällen zu einem Disziplinarverfahren kommen. Die betroffene Person wird dann eventuell vom Gericht gebeten, als Zeuge oder Zeugin auszusagen. Unser Informationsblatt gibt über die Rechte und Pflichten von Zeugen vor Disziplinargerichten Auskunft.

Rat und Gespräch

Die Landeskirchen haben Personen benannt, die besonders geschult sind. Mit ihnen können Gespräche im sensiblen Bereich eines sexuellen Missbrauchs oder im Falle eines Verdachts auf einen Missbrauch geführt werden. Die Gespräche sind vertraulich. Die Ansprechpersonen werden nur mit Ihrer Einwilligung oder der Einwilligung Betroffener Schritte unternehmen oder gewonnene Informationen verwenden.  Sie erhalten aber in jedem Falle Ratschläge über mögliche Handlungsschritte, Vorschriften und Hilfemöglichkeiten. Das Beste wird sein, vorab einen Termin zu verabreden, damit die Ansprechperson Ruhe und Zeit für Sie hat. Auch die Diakonie hat Ansprechpersonen benannt.

Evangelisches Beratungsangebot

Das Internetangebot www.evangelische-beratung.info vermittelt Ansprechpersonen bundesweit.

Hilfsangebote für Betroffene

Ergänzendes Hilfesystem
Die evangelische Kirche einschließlich der Diakonie beteiligt sich bis längstens zum 31.12.2023 am Ergänzenden Hilfesystem. Die beim Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) angesiedelte Geschäftsstelle leitet Anträge Betroffener an die betreffende kirchliche oder diakonische Einrichtung weiter, in der ein sexueller Missbrauch stattgefunden hat. Handelt es sich um einen Sachverhalt, der plausibel dargestellt wurde, empfiehlt eine unabhängige Clearingstelle Sachleistungen, die der betroffenen Person helfen. Kirchliche und diakonische Einrichtungen haben sich verpflichtet, den Empfehlungen der Clearingstelle, die maximal Sachleistungen im Wert von 10.000 Euro umfassen, freiwillig nachzukommen.


Heimkinderfonds
Die evangelische Kirche einschließlich der Diakonie gehört zu den Errichtern der Heimkinderfonds West und Ost und hat sich an der finanziellen Ausstattung der Fonds beteiligt. Für beide Fonds sind die Antragsfristen mittlerweile abgelaufen. In Fälle aus dem Bereich der evangelischen Kirche und der Diakonie, die nach der Gründung der Bundesrepublik bis zum Jahr 1975 (Heimkinderfonds West) oder in Heimen der DDR Leid und Unrecht erfahren haben, wurde mit finanzieller Hilfe und Rentenersatzansprüchen versucht, das Leid zu mindern. Dabei wurde jedes grobe Fehlverhalten, nicht nur sexueller Missbrauch, anerkannt.

Logo Fonds Heimerziehung

Stiftung Anerkennung und Hilfe
Gemeinsam mit den Bundesländern haben die Kirchen, darunter auch die EKD mit ihren Gliedkirchen und der Diakonie, die Stiftung Anerkennung und HilfeBundesministerium für Familien Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) errichtet. Die Stiftung hat unter anderem das Ziel, Kinder und Jugendliche, die in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie untergebracht waren, aufgrund erlittenen Leids und erlebten Unrechts Anerkennungs- und Unterstützungsleistungen zu zahlen.

Logo Stiftung Anerkennung und Hilfe

Unabhängiges Beratungsangebot

Die Internetseite des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ist ein zentrales Informationsportal für sexuellen Kindesmissbrauch in Deutschland. Der UBSKM Johannes-Wilhelm Rörig macht es sich u.a. zur Aufgabe, die Empfehlungen des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen“ umzusetzen.

Logo Unabhängig Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs


Die Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches ist auch der evangelischen Kirche und der Diakonie ein Anliegen. Vereinbarungen mit dem UBSKM zu diesem Thema sollen eine Kultur der Achtsamkeit fördern und einen bestmöglichen Schutz der Kinder und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt gewährleisten.



Weitere Angebote und Initiativen des UBSKM

Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“  
Mit der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ werden Schulen ermutigt und unterstützt, sich mit dem Thema sexueller Kindesmissbrauch professionell auseinanderzusetzen. Die Anregungen zur Entwicklung eines standardisierten Schutzkonzeptes können auch für Kirchengemeinden, kirchliche und diakonische Einrichtungen von Interesse sein.



Hilfeportal Sexueller Missbrauch
 
Das Hilfeportal Sexueller Missbrauch liefert wichtige Informationen zum Thema sexualisierte Gewalt für Betroffene, Angehörige und Fachkräfte. In einer bundesweiten Datenbank kann man nach Hilfsangeboten in der eigenen Umgebung suchen.


Hilfetelefon Sexueller Missbrauch  
Das „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“ ist eine bundesweite, kostenfreie und anonyme Anlaufstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt, für Angehörige und Personen aus dem sozialen Umfeld, die Entlastung, Beratung und Unterstützung suchen, und für Fachkräfte.


 

Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauch  
Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauch untersucht sämtliche Formen von sexuellem Kindesmissbrauch in Deutschland. Die Kommission möchte Strukturen aufdecken, die sexuelle Gewalt in der Kindheit ermöglicht haben und herausfinden, warum Aufarbeitung in der Vergangenheit nicht stattgefunden hat. Im Fokus der Aufarbeitung stehen die Betroffenen. Ihnen soll die Möglichkeit gegeben werden, ihre Geschichte zu erzählen. Dazu finden vertrauliche, aber auch öffentliche Anhörungen statt.